Die dunkle und die helle Seite: Antibiotika
SALVE-Ausgabe Sommer 2015

Die dunkle und die helle Seite: Antibiotika

Das Wort ‚Antibiotikum‘ (Einzahl) leitet sich aus den griechischen Silben anti, also ‚gegen‘ und bios, ‚das Leben‘ ab. Sprich, es bezieht sich auf eine explizite Eigenschaft, die gegen eine Form des Lebens gerichtet ist. Paul Vuillemin benutzte den Begriff der Antibiose in der neuzeitlichen Literatur erstmals 1889. Sein Zeitgenosse Bartolomeo Gosio staunte wohl nicht schlecht, als er 1893 beobachtete, wie der Schimmelpilz Penicillium sich in einem Laborgefäß anscheinend gegen den Milzbranderreger durchsetzte. Im selben Jahrhundert wurde der Mensch seiner durch und durch belebten Umwelt der Kleinstlebewesen erst gewahr. Dies verdanken wir der Entwicklung von Mikroskopen und den vielen Versuchen, Mikroben
labortechnisch zu züchten. Einer Kette von Umständen ist die Selbstverständlichkeit der heute angewendeten Antibiotika verschuldet. Die wichtigsten Glieder dieser Kette sind die allgemeine Militärdenkweise der damaligen Zeit (speziell um die beiden Weltkriege), die kampfeslustig sich ‚gegen‘, ‚eliminierend‘ und ‚vernichtend‘ ausgesprochen haben. Und weiter, die irreale Betrachtung von Monokulturen, sowie deren Wirkung auf den Organismus höherer Lebewesen. Man spritzt z.B. Tuberkelbazillen aus Reinkultur in die Augen von Kaninchen und beweist damit, dass diese krank werden. Zu guter Letzt stellt dann die lukrative Herstellung und Vermarktung die Weiche zur heutigen medizinischen Einbahnstraße. Im Jahr 2010 waren 2.789 verschiedene Antibiotika für den Menschen in der BRD zugelassen.
Über 8.000 sind bekannt. Zusammen mit der Viehzucht und bakterientötenden Klobrillen, PC-Tastaturen und dergleichen mehr, kommt ein milliardenschwerer Markt zusammen. So sind es vor allem synthetisch hergestellte Antibiotika, die genau genommen zu den Chemotherapeutika zählen, die heute zum Einsatz kommen. Selbstverständlich können diese besonders intensivmedizinisch und in Krisenzeiten Leben retten. Dieser Einsatz steht unbestritten positiv am Ende einer Liste von Therapiemaßnahmen, die zuvor angewendet werden können. Das Einsatzgebiet sind bakterielle Infektionskrankheiten. Bei einer Infektion mit Protozoen spricht man dann von Antiprotozoika, bei Pilzen von Antimykotika und bei Würmern von Anthelminthika. Bei Virusinfektionen sind Antibiotika absolut kontraindiziert, hier wird zu Virustatika gegriffen. Da sich Viren in Wirtszellen vermehren, kommt hier nur die ‚Stase‘, die Hemmung in Frage. Auch wenn sie z.B. durch Alkohol zu Zellsterben führen, zählen Desinfektionsmittel offiziell nicht zu den Antibiotika.
Die Antibiose beruht auf chemischen und physikalischen Effekten auf Kleinstlebewesen. Physikalisch reicht es zur Keim‚vernichtung‘ aus, hohen Druck aufzubauen und / oder hohe Temperaturen anzuwenden, oder sie bestimmter Strahlung  auszusetzen. Chemisch gibt es eine wahre Fülle an Substanzen, die die Einzeller teils selbst bilden, um eine Homöostase der Kulturen aufrecht zu erhalten. Pflanzen und Tiere halten ebenfalls sogenannte Phytoalexine und Defensine bereit, um ein Übermaß an Keimbesiedlung zu kontrollieren.

Urheber der zweifelhaften Reinkulturforschung und des kämpferischen Appells war Robert Koch. Gemeinsam mit Kollegen erklärte er im Namen des überlegenen Menschen den Hütern seiner Umwelt den Krieg. Dieser „Feldherr“ ist noch heute der Namensgeber des Robert-Koch-Instituts (RKI), das als zentrale Überwachungs- und Forschungseinrichtung für nicht- und infektiöse Erkrankungen gilt und auf dieser Basis auch die Impfempfehlungen (STIKO) ausgibt. Und wo sind wir auf diesem Wege hingekommen?
Natürlich räumen milliardenalte Lebenskünstler nicht der selbsternannten „Krone der Schöpfung“ den Weg. Einzeller finden Möglichkeiten um zu Überleben und kommunizieren dies untereinader. Daher stehen vor allem Resistenzbildungen im medizinischen Alltag vorne an. Etwa 50.000 Menschen pro Jahr sterben an Infekten mit resistenten Keimen in den Krankenhäusern der BRD. Etwa 800.000 kommen mit dem Leben, aber bleibenden Schäden (Amputationen etc.) davon. Die Kosten, um mit einem resistenten Keim pro Patient fertig zu werden, belaufen sich auf bis zu 20.000 € im Jahr. Haben wir daraus gelernt? Nein! Der Menschenvernunft zum Trotz, blind der alten Devise folgend, werden laufend neue  Massenmordchemikalien gebraut. Der „Kampf den Killerkeimen“ (Deutsches Ärtzeblatt 12/2010) sorgt für den Nachweis von Resistenzen weltweit, bis in die Antarktis, und z.B. in 58% der geschlachteten Schweine.
Die Produktion und damit die Abgabe in die Welt sorgt auch für die Anreicherung im Wasser, der Nahrungskette und für immer mangelhaftere Böden. Letztere sind in ihrer Fruchtbarkeit schließlich auch von Kleinstlebewesen abhängig. Ohne Bakterien gäbe es keine Pflanze, geschweige denn irgendein tierisches Lebewesen. Das „Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit“ gibt auf seiner offiziellen Seite an, dass allein in der BRD im Jahr 2012 rund 1.619 Tonnen
Antibiotika an Tierärzte abgegeben wurden. In der Germap 2010 heißt es: „Antibiotika gehörten auch in 2008/2009 zu den 10 umsatzstärksten Gruppen... Bezogen auf die Verordnungshäufigkeit ... nehmen sie seit vielen Jahren eine  Spitzenposition (unter den ersten drei) ein. Da es sich bei Infektionskrankheiten in aller Regel um akute Erkrankungen handelt, ist mit der Therapie eine vergleichsweise kurze Behandlungsdauer verbunden...“, welche bekanntlich für häufige Rezidive, Symptomverschiebungen und eben auch Resistenzen sorgt. Ganz nach dem Motto: Wenn das einzigste Hilfsmittel ein Hammer ist, sieht bald jedes Problem aus, wie ein Nagel. Und weiter: „Im Jahr 2008 wurden ... 374 Mio. DDD (Verordnete Tagesdosen; Anm. d. Redaktion) und einem Umsatz von 753 Mio. € gezählt.“ Dieser Umsatz schlägt sich zu Letzt in unseren eigenen Bäuchen nieder und sorgt für viele Darm-, immunologische und neurologische Erkrankungen. Ein oberflächlich lukrativer Holzweg also, der uns weltweit mit in den Ruin treibt.
Ein wichtiger Schritt aus der Misere ist weg von ‚Anti‘ hin zum ‚Pro‘. Die Naturheilkunde hält viele Möglichkeiten bereit, bevor es zu schweren Verlaufsformen kommen muss. Nachhaltiger und kosteneffizienter.

Quellen: „Darmbakterien als Schlüssel zur Gesundheit“ und „Die erstaunlichen Kräfte der Effektiven Mikroorganismen EM“ von Dr. Anne Katharina Zschocke, https://de.wikipedia.org Suche: Antibiotikum und Antibiose, http://www.bvl.bund.de