„Mir hams satt“
SALVE-Ausgabe Herbst 2013 /*Pressemeldung und Recherche

„Mir hams satt“

Rund 8.000 Bauern, Verbraucher, Umweltschützer, Imker und Gegner von Gentechnik und Massentierhaltungsanlagen demonstrierten am 13.07.2013 in München für Veränderungen zum Schutz der bayerischen Heimat. Aufgerufen hatte ein breiter Träger- und Unterstützerkreis aus Bürgerinitiativen, Verbraucher- und Umweltschutzverbänden, kritischen Bauernverbänden und entwicklungspolitischen Organisationen.

So kraftvoll die Sonne an diesem Juli-Samstag schien, so entschlossen wurde gegen zubetonierte und verlärmte Landschaft, Gentechnik und Massentierhaltung demonstriert. Diese Wörter stehen nur exemplarisch für eine Vielfalt an Missständen im Lande. Gefordert wird neben Agrarindustrieverbot auch der Schutz der bäuerlichen Landwirtschaft und der Imkerei, was letztendlich den Schutz der Bienen selbst betrifft.
Eine Reihe von beherzten Reden, die dem jubelnden Volk selbst Stimme verliehen, wurden von kurzen Gesangseinlagen und Theaterstücken aufgelockert. Wie kaum anders zu erwarten, hauptsächlich nach bayerischer Mundart, die dabei so richtig ihre Vorzüge präsentieren konnte.

Auch nach der DEMO lohnt es sich, die Themen genauer zu betrachen und die Bewegung zu unterstützen. Informieren Sie sich bei den Bürgerinitiativen vor Ort und im Internet. Hier die wichtigsten Forderungen:

Bauernhöfe statt Agrarindustrie

Der bayerische Weg darf kein Lippenbekenntnis bleiben. Wenn es nicht gelingt, die Agrarsubventionen von den Großbetrieben und der Agrarindustrie in Richtung der kleinen und mittelständischen bäuerlichen Betriebe und für Leistungen für Tierschutz und Natur in Bayern umzulenken, wandern Tiere in immer größere Stalleinheiten und es entstehen monotone Ackerlandschaften und Einheitsgrün.
Ohne ausreichendes Einkommen für Milchbauern werden die Kühe von den Weiden verschwinden. Ohne bunte Vielfalt auf Äckern und Wiesen fehlt die notwendige Nahrungsgrundlage für Insekten, Vögel und Wildtiere. Ohne Nahrung für Bienen und Hummeln geht die Bestäubungsleistung zurück und biologische Systeme verlieren ihr Gleichgewicht.
Jetzt steht die Umsetzung der noch taufrischen Reform der EU-Agrarpolitik in Deutschland an. Wie schon auf EUEbene versucht CSU-Bundesministerin llse Aigner wiederum alles, um den Reform-Ansatz der EU-Kommission für ein echtes „Ökologischer und Gerechter“ nun in Deutschland zu unterlaufen. ln Ihrem Vorschlag zur nationalen Umsetzung wirft Ministerin Aigner ein paar Brotsamen hin, die für Unbedarfte nach Stärkung bäuerlicher Landwirtschaft klingen sollen. In der Substanz aber
bedient sie wiederum die Interessen flächenstarker Großbetriebe in Ostdeutschland, versucht das Greening mit einer bürokratischen Flut an Ausnahmen zu durchlöchern und lässt die spezifischen Förderprogramme für die natur und umweltverträglich wirtschaftenden Bauern, für den artgerechten Umbau der Tierhaltung, sowie für ländliche Gebiete verhungern.
Bayern und ganz Deutschland braucht eine Agrarpolitik, die sich gezielt und mit ganzer Kraft für eine bäuerlich-ökologische Landwirtschaft und lebendige und lebenswerte ländliche Gemeinden einsetzt. Wir wehren uns dagegen, in Bayern die gleiche verfehlte Entwicklung nachzuahmen,die in Ost- und Norddeutschland zum Aus für Hunderttausende bäuerlicher Betriebe und verarmte Regionen geführt hat.

Nein zu Megaställen

Agrarinvestoren beherrschen heute in Bayern nicht nur das Geschäft mit der Hähnchenmast, sondern steigen auch in die Schweineproduktion ein. Sie wissen um den Widerstand in der Bevölkerung gegen solche agroindustriellen Komplexe und greifen deshalb auf schon lange genehmigte und bisher nicht verwirklichte Bauvorhaben zurück. Die Anlage für 1000 Muttersauen die gerade in Tapfheim bei Donauwörth gebaut wird, ist in den Augen der Investoren sicherlich nur der Anfang.
Für 3000 Sauen liegt schon eine Genehmigung vor. Von den holländischen Investoren weiß man aber, dass sie in ganz anderen Dimensionen denken und diese Ziele mit allen Mitteln und hartnäckig verfolgen. Wir Bürger wollen einen Stopp der industrialisierten Tierhaltung.

100 Prozent Gentechnikfreies Essen

Monsanto, Bayer oder Dow wollen weiterhin auch in Europa Saatgut und Spritzmittel im Paket verkaufen. Aktuelles Beispiel: Smart Stax, ein gentechnisch manipulierter Mais, der sechs verschiedene Insektengifte produziert und gegenüber zwei Unkrautvernichtungsmitteln resistent ist, soll als Futter- und Lebensmittel zugelassen werden. Das Bundeslandwirtschaftsministerium unter Führung von Agrarministerin llse Aigner enthält sich bei den EU Abstimmungen und unterstützt damit die Zulassung.
Da wird wieder deutlich: die Bayerische Staatsregierung spricht von einem gentechnikfreien Bayern und der Berücksichtigung des Verbraucherwillens, doch gleichzeitig kniet Bundeslandwirtschaftsministerin Aigner vor den Konzerninteressen nieder
und erteilt durch ihre ständige Enthaltung auf EU-Ebene Freibriefe für genmanipulierte Pflanzen in Futter und Essen, auch für Bayern.

EU Agrarpolitik schädigt Landbevölkerung in armen Ländern

Wir sind auch in Bayern von Importfuttermitteln abhängig. Für diese werden Wälder und Savannen großflächig zerstört und Menschen von ihrem Land vertrieben. Mit diesen Futtermitteln sind wir in der Lage, mehr Fleisch als wir selbst brauchen, zu erzeugen. So stören wir mit billigen Fleischexporten afrikanische Märkte und Kleinbauern. Wir brauchen eine Eiweißstrategie, die sowohl den lokalen Anbau von Eiweißpflanzen als auch den effizienten Umgang mit vorhandenen Proteinquellen
umfasst.
Kirchliche Organisationen wie Misereor, Mission EineWelt, Brot für die Welt, oder die Menschenrechtsorganisation FlAN kämpfen deshalb an der Seite von alternativen Bauernverbänden und Umweltorganisationen für die Beachtung des Rechts auf Nahrung, eine Reduktion der Sojaimporte, die Abkehr von der Exportorientierung und einen jährlichen Bericht zu den internationalen Auswirkungen der EU-Agrarpolitik.

Stopp Flächenverbrauch

Täglich werden 18 Hektar unserer Landschaft zubetoniert. Das ist zu viel. Bürgerinitiativen bayernweit wollen keine neuen Gewerbegebiete, unnötige Straßenausbauten und schon gar kein neuen Flughafenausbauten wie in München oder Memmingen.

  • 400 Straßenprojekte hat Bayern für den neuen Bundesverkehrswegeplan (2015- 2030) angemeldet. Weder die Finanzierbarkeit, noch der Natur- und Landschaftsschutz oder die Einbindung in ein Verkehrsgesamtkonzept wurden berücksichtigt. Fehlanzeige auch bei den vom Bundesverkehrsministerium vorgegebenen Zielen zur Verkehrsentlastung und zum Lärmschutz.
  • Die 3. Startbahn bei München wird von der bayerischen Staatsregierung trotz des „Nein“ im Bürgerentscheid der Münchner weiter verfolgt und soll sogar als Ziel in das neue Landesentwicklungsprogramm (LEP) aufgenommen werden. Berücksichtigung von Bürgerinteressen sieht anders aus. Im Aktionsbündnis AufgeMUCkt sind über 80 Bürgerinitiativen vereint, welche nicht nur die rund 300.000 von einer 3. Startbahn unmittelbar Betroffenen vertreten sondern aus ganz Bayern stammen. Sie fordern von der neuen Regierung ein Umdenken und eine Beendigung dieser unnötigen, Natur, Klima und Menschen verachtenden Fehlplanung.

www.mir-hams-satt.de

Stimme aus dem Volk

Die von SALVE befragten Teilnehmer waren sich einig, dass es Zeit ist, für mehr Mitspracherecht und einen besseren Informationsfluß. Die Politik muss mehr für Volk, den Kleinbauern und die Ökologie tun. Die persönlich Betroffenen wünschen sich, dass die Politiker von diesem Tag beeindruckt, auch die Meinung des Volkes berücksichtigen. Unsere Repräsentanten sollen bei Entschlüssen, z.B. der Agrarsubventionspolitik, zukünftig die Bürger befragen, bevor die Entscheidungen gefällt werden. Kuscherei, wie Enthaltung der Stimme zur stillen Befürwortung großindustrieller Interessen, hat bei solch gut bezahlten Posten keinen Platz. Der Name „Volksverteter“ sollte bitteschön ernstgenommen werden!